Desaströös bis POMPÖÖS: Die Autobiographie – Harald Glööckler (Molino-Verlag)

Harald Glööckler ist ein Mensch, den ich immer schon faszinierend fand. Faszinierend in zig Facetten: zum einen wirkt er selbstsicher, wie es kaum stärker geht. Zum anderen wirkt er auf mich aber auch stets unsicher, nach Anerkennung suchend, wie ein Mensch, der verzweifelt Liebe sucht. Als also bekannt wurde, dass er eine Autobiographie geschrieben hat, war ich sofort neugierig.

Mein erster Gedanke, als ich mit dem Buch durch war: „Uff!“ – liest man das Buch, hat man sofort Glööcklers Stimme im Ohr. Seinen leicht nuschelnden Touch, seine oftmals sehr schnelle Wortfolge, im Gespräch von Hü nach Hott kommend. Denn genau so ist auch sein Buch. Glööckler beginnt mit seinen Erzählungen zwar in seiner Kindheit, springt dann jedoch in den Jahren munter hin und her. Eine Episode löst quasi einen Gedankengang zu einer anderen Episode aus, die dann auch sofort erzählt werden will. Er gewährt dem Leser dabei manchmal nur oberflächlich, manchmal aber auch tiefergehende Einblicke in seine Gedanken und Gefühle. Diese Wechsel vom erwachsenen Mann zum heranwachsenden Achtzehnjährigen und dann wieder in eine Episode etliche Jahre später macht das Buch nicht zu einem, das sich schnell hintereinander weg lesen lässt. Doch ich denke, genau das ist die Intention Glööcklers. Er möchte, dass der Leser sich Zeit nimmt, sich mit seinem Buch und seinem Leben – und somit auch mit ihm – beschäftigt. Auch hier zeigt sich also wieder das Suchen nach Aufmerksamkeit und Anerkennung.

Glööckler hat viele Gedanken, die ich toll finde und die viel mehr Menschen haben sollten. So postuliert er, dass niemand sich seiner Figur und seines Aussehens schämen sollte. Er möchte, dass es allen Menschen gut geht und dass sich die Menschen wohlfühlen. Andererseits gibt es Züge an ihm, die ich seltsam bzw. zum Teil befremdlich finde. Einerseits verurteilt er Body Shaming, andererseits erzählt er, was für Schönheits-OPs er schon hinter sich gebracht hat. In dieser Episode hat mich massiv die namentliche Aufzählung der ganzen behandelnden Ärzte gestört. Fast, als wolle er Werbung für deren Praxen machen. Überhaupt hat man manchmal das Gefühl, er sei manchmal der Einzige, der sich kümmert, der Beste in allem, der Wohltäter schlechthin. Er bezeichnet sich selbst als Prinz, seine jeweilige Wohnung als Palast und er umgibt sich am liebsten mit Menschen aus dem Adel. Überhaupt betont er häufig, wen er alles kennt und mit wem er alles Spaß hatte. Auch hier klingt für mich wieder massiv der Wunsch nach Anerkennung durch. Andererseits erfährt man viel über seinen Werdegang. Mit unglaublichem Fleiß hat er sich sein Imperium geschaffen, ist als Modedesigner im In- und Ausland anerkannt und hat es geschafft, zu der schillernden Person zu werden, die er schon als kleiner Junge immer werden wollte.

Ich habe lange überlegt, wie ich das Buch für mich kategorisieren möchte. Die Prahlerei und Protzerei haben mir nicht gefallen, hier war ich geneigt, einen Stern abzuziehen. Allerdings ist mit diesem Inhalt zu rechnen, wenn man sich mit dem Menschen und der Kunstfigur in Personalunion Harald Glööckler beschäftigt und sich auf ihn einlässt. Daher habe ich mich entschlossen, volle fünf Sterne zu geben, denn kaum eine Biographie scheint mir ehrlicher zu sein.

Dem Molino-Verlag danke ich für das zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar. Meine Meinung wurde dadurch nicht beeinflusst.

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